Gäste aus dem Lübbecker Land besuchen die Synagoge in Minden

Harald Scheurenberg stellte den Gästen aus dem Lübbecker Land die Synagoge in Minden vor.

Stemwede-Levern/Minden. Rahden, Lübbecke, Levern und Pr. Oldendorf – im einstigen Landkreis Lübbecke gab es einst bedeutende jüdische Gemeinden. Der Nazi-Terror löschte das seit Jahrhunderte währende Miteinander zwischen Menschen christlichen und jüdischen Glaubens auch im Lübbecker Land aus. Ein großer Teil der Menschen jüdischen Glaubens aus der Region wurde von den Nazis ermordet.

Im Leverner Heimathaus verwahrt der Heimatverein Levern ein Fragment einer Thora-Rolle, das aus der einstigen Leverner Synagoge stammen soll. Hinsichtlich dieses Fragments steht der Heimatverein in Kontakt mit der jüdischen Gemeinde in Minden, was die künftige Gestaltung dieses Teils der Ausstellung angeht.

Im Zusammenhang mit dem Gedenken an die Pogromnacht des Jahres 1938 und mit dem Volkstrauertag zum Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft besuchten nun auf Initiative des Heimatvereins Levern  interessierte Gäste aus Stemwede, Rahden und Lübbecke die Mindener Synagoge. Harald Scheurenberg, von 1983 bis 2016 Vorsitzender der derzeit 90 Mitglieder zählenden Gemeinde, stellte den Gästen die Historie der 1958 wieder eingeweihten Synagoge in der oberen Altstadt vor, deren Vorgänger 1865 eingeweiht und 1938 von den Nazis niedergebrannt worden war. Die heutige Synagoge biete rund 80 Gästen Platz.

Die 400 Plätze bietende frühere Synagoge sei ein bedeutendes Bauwerk zwischen dem Dom, der Marienkirche und der Ratskirche St. Martini gewesen, sagte Scheurenberg. Vor dem Zweiten Weltkrieg lebten allein in Minden etwa 400 Bürger jüdischen Glaubens, im heutigen Kreis Minden-Lübbecke waren es insgesamt bis zu 1.000. Spannungen zwischen Menschen jüdischen und christlichen Glaubens habe es in der Geschichte immer wieder gegeben. Seit der Aufklärung aber habe man die Annährung versucht, betonte Scheurenberg. Nach vorn sehen – das sei auch im Jahr der Synagogen-Einweihung 1865 der Geist der Zeit gewesen. Durch die Nazis sei das zunichte gemacht worden.

Der Vorraum der Synagoge erinnert an die ermordeten Menschen jüdischen Glaubens auch aus dem damaligen Landkreis Minden. Dutzende Namen sind auf einer Tafel festgehalten, ein Fenster erinnert an die Namen von Vernichtungslagern – auch an das von der Gestapo betriebene so genannte Arbeitserziehungslager in Lahde. Hier starben rund 700 Menschen, unter ihnen Bürger jüdischen Glaubens, Sozialdemokraten und Gewerkschafter wie der Lübbecker Karl Haddewig.

„Immer, wenn wir durch diesen Raum gehen, gedenken wir unserer Angehörigen“, sagte Harald Schreurenberg im Vorraum der Synagoge. Bei jedem Gebet seien die Angehörigen dabei. Harald Scheurenberg berichtete allerdings auch über eine zunehmende Anzahl von antisemitischen Taten auch in Minden, darunter Hakenkreuz-Schmiereien und Hass-Mails.

Gegen Antisemitismus eintreten, das sei Aufgabe der Zivilgesellschaft, waren sich Scheurenberg und die Gäste einig. Es könne nicht Normalität sein, dass knapp 80 Jahre nach dem Holocaust jüdische Einrichtungen geschützt werden müssten.

Der Heimatverein Levern dankte Scheurenberg für den informativen Einblick in das Leben der jüdischen Gemeinde in Minden. Zudem dankte der Vorstand des Vereins Harald Scheurenberg für die Beratung wegen des Fragments der Thora-Rolle im Heimathaus Levern. Hinsichtlich der Gestaltung der Ausstellung bot Scheurenberg seine Unterstützung an. „Ich bin der Meinung, dass das Fragment nach Levern gehört.“